FERNFAHRER1 789 Beiträge
06.03.2009
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Du begibst Dich in den Baumarkt und nimmst Dir einen Hochglanzkarton vom Stapel mit den Fugenfräsen. Auf dem Karton siehst Du die Abbildung eines kernigen Mannes, der mit spielerischer Leichtigkeit die Fugen seiner Badezimmerfliesen bearbeitet. Im Hintergrund ist eine junge Frau abgebildet, die ihren tüchtigen Heimwerker anstrahlt und bewundert. Du gehst jetzt zur Kasse und läßt dort den Gegenwert eines guten Essens beim Italiener.
Zu Hause angekommen, montierst Du das Wunderding auf Deine Bohrmaschine. Vorher klemmst Du Dir noch schmerzhaft einen Finger, weil sich das Bohrfutter nicht von der Welle lösen wollte. Das ist schnell überwunden, Du gehst frisch ans Werk. Zuerst hälst Du es noch für Ungeschicklichkeit, aber bald merkst Du, daß die Vorsatzfräse aus Deiner Bohrmaschine ein unhandliches und unausgewogenes Monstrum macht, das kaum auf der zu bearbeitenden Stelle zu halten ist. Weil sich zuerst außer viel Krach nichts tut, drückst Du kräftiger, rutschst ab und hörst es verdächtig knirschen. Macht nichts, über der abgesplitterten Fliesenecke steht nachher sowieso die Waschmaschine.
Jetzt übst Du erst einmal an einer möglichst versteckten Stelle unter dem Waschbecken. Aber so versteckt, wie Du es gerne hättest, geht´s dann doch nicht. Die Fräse kommt nämlich nicht bis in die Ecken. Ein paar Zentimeter vorher ist Schluß. Du läßt Dich nicht entmutigen, schließlich kannst Du das später per Hand freikratzen oder doch mit Fugenfarbe... .
Inzwischen spürst Du Deinen Rücken und unter den Knien hast Du längst ein zusammengefaltetes Badelaken (hoffentlich sieht das nicht Deine Frau), weil die überall abspringende Glasur mit ihren nadelspitzen Ecken durch die Jeans in die Kniescheiben stechen. Schonhaltung, Rücken strecken, Kopf am Waschbecken stoßen und weiter geht´s. Du willst endlich Erfolg sehen. Also erst die großen, langen Fugen quer durch den Raum. Ha, da geht die Post ab. Du kannst kaum noch etwas sehen. Alles ist weiß. Du robbst auf Deinem Badetuch weiter. Plötzlich wackelt etwas unter Dir und macht dabei ein hart klackendes Geräusch. Eine Fliese hat sich gelöst, wackelt. Handwerkerpfusch, sagst Du Dir, den Du bei dieser Gelegenheit gleich mit beheben wirst.
Die Arbeit wird zusehends schwerer. Es staubt nicht mehr ganz so stark. Dafür kommt etwas Qualm aus der Fuge. Das Werkzeug ist stumpf. Außerdem ist Deine Bohrmaschine stinkend heiß. Du beschließt, eine Pause zu machen und den Staub wegzufegen. Du siehst Dir Dein Werk an. Von den 8 Quadratmetern Deines Badezimmers hast Du schon mindestens einen geschafft - oder wenigstens so gut wie. An einigen Stellen mußt Du eben noch per Hand nacharbeiten. Aber an anderen Stellen ist die Fuge wie geleckt. Dafür sieht die Fliesenkante dort wie von Mäusen angenagt aus. Es dämmert Dir: Scheißarbeit, Scheißmaschine. Diese Werbefritzen versprechen das Blaue vom Himmel. Nicht ganz. Immerhin die auf der Verpackung abgebildete Dame erscheint wirklich. In Gestalt Deiner Frau. Nur sieht sie Dich nicht bewundernd an. Zuerst konfisziert sie das mißbrauchte Badelaken und fragt wütend, wie sie je die Wohnung wieder sauber bekommen soll. Es knirscht nicht nur zwischen den Zähnen, überall findet sich eine weiße puderfeine Schicht.
Überflüssig zu erwähnen, daß der Fußboden im Badezimmer endgültig hin ist. Und weil sich nach genauerer Betrachtung etliche Fliesen gelöst haben, kannst Du den Rest auch gleich herausschlagen, neu fliesen und endlich grau verfugen. Das war´s doch, was Du wolltest!?
in diesem sinne
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